TM-Textilmitteilungen

Phantasie Contra Prüderie

Mit Männerwäsche nach Maß hat Lothar Schuster ein anderes „Unter“-Bewußtsein kreiert. Seit der Eröffnung seines neuen Shops bietet er diesen Service auch für Frauen an. Passend zur Saison staret „Tendenze Solo Donna“ mit Bademoden, Bodies und luftigen Kleidern.

Tote Hose“, kommentierte Lothar Schuster den Herren-Wäschemarkt vor zwanzig Jahren und näht fortan seine Unterwäsche selbst, weil er sich in weißem Doppelripp einfach nicht wohlfühlt. Der Österreicher mit der soliden Schneiderausbildung von der Großmutter hat sein Talent für Entwürfe schon mit zwölf Jahren entdeckt: Damals schneiderte er ein Ballkleid für seine Mutter, die damit prompt zur Schönsten des Abends gewählt wurde. In der Wahlheimat München fertigte er seine ersten Erfolge auf einer gebrauchten Nähmaschine: Hemden, Kostüme für Popstars, Haute-Couture-Dessous. Am Prominentenstammtisch wurden dann die Weichen neu gestellt: Ein Wäschefabrikant suchte einen Designer für Herrenwäsche, Die Kooperation wurde ein Volltreffer: Mit den zwölf Schuster-Teilen machte die Firma 50 Prozent mehr Umsatz. Seit 1989 entwirft Lothar Schuster für HOM eine modische-avantgardistische Kollektion, die ca. ein Drittel des Gesamtprogramms ausmacht. Doch Schuster wollte mehr, die eigene Kreativität stärker einbringen, denn „wenn man für eine andere Kollektion arbeitet, muß man sich an des Stil des Hauses halten“.
Lothar Schuster wäre vielleicht nicht der geworden, der er ist, ohne seinen Partner, der im Hintergrund die Geschicke lenkt: Michael Rohrmann, gelernter Textiler, wollte sich selbständig machen, fand schließlich den geeigneten Laden in Münchens Gärtnerplatzviertel und mietete ihm vom Fleck weg. Doch was darin verkaufen? Man dachte an Antiquitäten, überlegte dies und jenes, bis Michael Rohrmann plötzlich die Eingebung hatte: Herrenwäsche nach Maß. Das war´s. Drei Monate nähte Lothar Schuster wie wild, dann, im März ´91, die Eröffnung. „Mit dem Laden lagen wir voll im Trend. Die Männer hatten längst die Nase voll von Boxershorts und Feinripp; wollten was anderes. Auch die Frauen wollten was Neues sehen, haben bei uns gekauft, weil sie ihren Freund mit einem tollen Body überraschen wollten. Das richtige Dessous im richtigen Moment kann ja ganz wirkungsvoll sein.“ Der Shop war vom ersten Tag an ein Insidertip, sogar die „Süddeutsche“ berichtete über die neuen Tendenzen an der Wäschefront. Und als Trendnase Lukoschik in seinem „Leo´s“ die Designerwäsche zu den Mega-In-Adressen zählte, gaben sich die Leute die Klinke in die Hand. Ein weiterer Artikel im „Playgirl“ hatte so viele Anrufe zur Folge, dass sich die Partner entschlossen, einen Katalog zu produzieren, um die Kunden in anderen Städten auch bedienen zu können. Der „Eros Dream Line“ –Imagekatalog erscheint alle zwei Jahre, zusätzlich gibt es viermal jährlich Proslpekte mit den neuen Kollektionen. Die Adressenkartei zählt 14.000 Kunden. Die aktuellsten und exklusivsten Sachen gibt es nach wie vor im Shop selbst. Michael Rohrmann: „Hier haben wir immer topmodische Ware aus den neuesten Stoffen, in limitierten Stückzahlen. Wir wollen auf alle Fälle exklusiv bleiben, den Markt nicht überschwemmen. Wir haben nie Altware, müssen nie reduzieren, das würde auch nicht zu unserem Image passen. Da wir auf Bestellung produzieren, können wir uns mit Stoffmengen und Größen nicht vertun.“ Gab es nie den Wunsch, auch in anderen Städten mit der Kollektion präsent zu sein, auch in Hamburg oder Köln die Desous-Couture über ein Geschäft zu verkaufen? „Gabs“, bestätigt Michael Rohrmann, „wir haben an etwa 15 Läden geliefert, die uns passend erschienen, aber in dem Jahr wären wir fast kaputtgegangen. Die Zahlungsmoral war derart schlecht, außerdem gingen einige Läden pleite. Das machen wir nicht mehr.“
Jetzt geht´s den Damen an die Wäsche. Lothar Schuster: „Im Zuge dessen, dass wir diese schönen Stoffe aus Italien haben, eigentlich Trendsetter in dem Bereich sind, sind wir oft von Kundinnen gefragt worden, ob es nicht auch was für Frauen gibt. Und nachdem wir in unserem neuen Geschäft mehr Platz haben, dachte ich mir, warum nicht?“ Bei Tendenze im Stoff-Trend liegen ägyptische Muster, Dessins mit indischen Motiven, Kirschen auf Schwarz und Weiß und Schmetterlinge. Für beide, versteht sich. „Weiße oder graue Wäsche ist nicht unsere Sache, das sollen die anderen machen, wir arbeiten mit Farben und Mustern. Unsere Gesellschaft entwickelt sich immer mehr zu einer Gesellschaft der Uniformierten. Da will ich gegensteuern“, sagt Lothar Schuster. Zur Erweiterung des Sortiments sind für die nähere Zukunft Accessoires geplant: Gürtel, Taschen und Schuhe für beide Zielgruppen.
„Tendenze Solo Donna“ bietet den gleichen Service wie für Männer, Maßgeschneidertes binnen einer Woche. Die fließenden Kleider, Bodies und Bademoden wissen vor allem Frauen mit sehr weiblichen Formen zu schätzen, „denn die Wäsche und Bademode in deren Größe hat oft nur wenig Chic“. Renner der Saison: Ein luftiges Kleidchen mit Kirschendruck und Badeanzüge im 50er-Jahre-Stil, mit geradem Bein. Bei den Herren sind nach wie vor Bodies, Tangas und Bermudas in modischen Prints der Hit. Gibt es für den Designer ein Tabu, eine Grenze der Reizschwelle? „Ja, Gummi, Latex und Leder. Das ist nicht mein Ding. Und auch nicht das unserer Kundschaft.“ Und Lack? „Lack verkaufen wir sehr gut. Innen ist es mit „zweiter Haut´beschichtet, dadurch trägt es sich sehr angenehm, und man schwitzt nicht. Inzwischen wissen auch alle, dass schöne Wäsche nichts mit Schwulsein zu tun hat. Wir haben Kunden aus allen Gruppen und Schichten. Zum Beispiel den Minister, der mit Bodyguard hier ankommt und seine goldenen Lackbodies kauft“, ergänzt Michael Rohrmann, „die trägt er tagsüber unter seinem mausgrauen Anzug. Unser ältester Kunde ist 90, der freut sich über das tolle Angebot und sagt immer: `Seit dem Krieg ist wäschemäßig für Männer nichts passiert.`Der kauft sich jeden Monat ein neues Teil.“
Eins steht fest: Das Konzept spricht Frauen ebenso an, der leichte Kimono aus Batist ist ein absolutes Unisex-Teil. Das Geschäft läuft gut, auch ohne die neue Zielgruppe konnte man trotz Rezession den Umsatz stabil halten. Phantasie kontra Prüderie scheint das Erfolgsmotto zu sein. Und so passen auch die erotischen Deckenmalereien im neuen Shop frei nach Michelangelo voll ins Konzept. Ein bisschen Provokation dar schon sein, oder?

Lothar Schuster, Modemacher aus München, ist jetzt auch auf die Frau gekommen. Die typische Handschrift des Designers – modische Drucke, gewagte Schnitte und komplette Outfits – erkennt man auf einen Blick. Er und Sie im Partner-look, z.B. mit Bodies in Fell-Optik.
Die erotischen Deckenmalereien frei nach Michelangelo sorgen für das Ambiente im Laden.
Saisonrenner ist ein wäschiges Kleidchen mit Kirchendruck. Sehr beliebt ist auch der üppig gemusterte Catsuit. Die Herren setzen weiter auf Bodies und Tangas mit auffälligen Drucken.